Vor den Alpen – Kunstwerk des Monats November 2004
Egerländer Kunstgalerie Marktredwitz
Sinnlosigkeit des Krieges – ein Monumentalgemälde im Kleinformat
Das Kunstwerk des Monats November 2004 ist das Gemälde des Malers Moritz Baumgärtl mit dem Titel Vor den Alpen, 1998, Öl auf Leinwand/Holz, 48 x 35 cm, das in der Schausammlung zusammen mit dem weiteren Exponat des gleichen Künstlers mit dem Titel Saal des Schlachtenhimmels gezeigt wird.
Der Künstler sagt über seine Arbeiten selbst: Immer wieder soll ich Surrealist sein. Dabei ist es so, dass ich nur Räume, Dinge und Geschehnisse male, meine Arbeit jedoch plane, kontrolliere, korrigiere, Gruseliges verabscheue, keine unendliche Ferne ins Bild bringe, Ernst mich meistens langweilt und Bre-on immer. Was bleibt da noch Surrealistisches übrig? Ich male Dinge, Räume und Geschehnisse und fühle mich gut, wenn man mich als Historienmaler verdächtigt. Der Maler, der Illusionen vermeidet, hat keine Malerei, die ohne Bedeutung auskommen will, ist zwangsläufig bedeutungslos (Buch Wir – Künstler in der zweiten Heimat,1993/94, Band 14/15 der Schriften der Sudeten deutschen Akademie der Wissenschaften und Künste, Verlagshaus Sudetenland).
In Sujet, Technik und Intention mutet die Malerei des Künstlers anachronistisch an. Sie als Historienmalerei zu bezeichnen, wird ihr aber nicht gerecht. Sie erscheint im Gegensatz zu diesem Genre nie illustrativ oder erzählerisch. Es ist in den Darstellungen kein Ablauf oder eine fotografische Situation zu erkennen. Vielmehr könnte man sagen, dass in großer Ruhe der jeweilige Kulminationspunkt einzelner Geschichten dargestellt ist. Die in den Bildern dargestellte Stille wirkt dabei nicht lähmend, sondern situativ angemessen. Die bei Baumgärtl vollendete Lasurtechnik erinnert an niederländische Künstler des 17. Jahrhunderts. Sie vermittelt auch bei kleinsten Bildern eine interne Monumentalität. Als wiederkehrende Motive finden sich der Mensch und seine Umwelt als Paradiese oder Höllen. In Verbindung mit der atemlosen Stille, die den Bildern innewohnt, enthalten sie zwar nichts Surreales aber doch Verrücktes oder Absurdes.
Das Gemälde Vor den Alpen ist von einer großen Stille beherrscht. Sie ist eine Landschaftsdarstellung der Alpen in tonigem Kolorit. Vor einer düsteren nebel-umwölkten Bergkette erstreckt sich ein sandiges Areal ohne jegliche Vergetation. Auf den zweiten Blich offenbart sich im Vordergrund Ungewöhnliches: Panzer, Bunker, Flugzeugteile und andere Instrumente der Kriegsführung. Sie versinken im Boden und zeugen davon, dass der Krieg längst vorbei und Sieg oder Niederlage nicht mehr von Bedeutung ist. Der Mensch ist aus der Gegend verschwunden und seine Schöpfungen verfallen zu Staub. So lässt sich das Werk einordnen in die Gedankenwelt, die uns im November beim Nachdenken über Tod und Zerstörung bewegt.
Der Maler Moritz Baumgärtl ist 1934 in Frühbuss bei Neudeck im Erzgebirge geboren. Nach der Vertreibung aus der angestammten Heimat findet er seine zweite Heimat in Stuttgart. Dort studiert er ab 1955 an der Akademie der Bildenden Künste. 1962 erhält er ein Stipendium der Stadt Ulm für einen Spanienaufenthalt. Er ist dann als freischaffender Künstler tätig. 1976 wird Baumgärtl als Professor an die Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart berufen. 1989 erhält er den Lovis-Corinth-Förderpreis, 1993 den Kulturpreis für die Bildende Kunst und Architektur der Sudetendeuteschen Landsmannschaft.
Moritz Baumgärtl erhält zahlreiche Einzelausstellungen u. a. in Ulm, Zürich, St. Gallen, Stuttgart, Düsseldorf, Basel, Heilbronn, Wiesbaden, Paris, Rostock, Hameln, Detmold, München, Köln. Eine Reihe von Wandbildern befindet sich in öffentlichen Gebäuden, so in Ulm, Stuttgart, Plochingen und Erlenbach.
Das Kunstwerk des Monats ist eine Leihgabe des Künstlers.
Hans-Achaz v. Lindenfels