Reizwäsche zu Omas Zeiten
“Geborgen und verborgen” – April 2010
Reizwäsche zu Omas Zeiten
Wirft man einen Blick in einen Wäscheschrank um die Jahrhundertwende, findet man so manches ungewöhnliche Unterwäschestück. Man entdeckt neben Unterleibchen, Hemdhosen, Unterkleidern und Korsetts unter anderen auch Unterhosen, die in ihrer Form für unsere Augen etwas ungewöhnlich erscheinen. Als “Liebestöter” würden wir diese Unterwäsche heute bezeichnen, bekannt sind sie als “Stehbrunzhosen”. Sie bestehen aus zwei lediglich an der Taille zusammengehaltenen Hosenbeinen, die vom Bauch bis zum Rücken im Schritt offen sind und etwa bis zur Kniehöhe getragen werden.
Unterhose, Stehbrunzhose
Inv.-Nr. 1774, Bestand Egerlandmuseum
“Beinkleider sind rathsam!” – mit solchen Ratschlägen wurde im 19. Jahrhundert für die neue Bekleidungsform der Unterhose geworben. Zuvor gab es keine Unterwäsche im heutigen Sinn. Ein einfaches Leinenhemd, das zugleich als Oberhemd getragen wurde, diente Männern und Frauen als Unterwäsche und Nachthemd. Erst als das Militär in den 1860er Jahren Unterwäsche aus Trikot für die Soldaten einführte, wurden Unterhosen für Männer in breiten Bevölkerungskreisen üblich. Bei den Frauen dauerte es, trotz aller Vernunftgründe, weit bis in das 20. Jahrhundert ehe sich die Frauenunterhose in alle Schichten eingebürgert hatte. Lange Zeit hatten Begriffe wie “Beinkleid” oder “Hose” im Zusammenhang mit dem weiblichen Körper einen peinlichen Beigeschmack. Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelte sich die Unterhose zum selbstverständlichen Bestandteil weiblicher Bekleidung.
Schnittblatt für offenes Beinkleid mit Seitenverschluß, um 1900
Carola Reul M.A.
Egerland-Museum
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Sonntag, von 14:00 bis 17:00 Uhr