Paul Günther – Kunstwerk des Monats Juli 2006
Egerländer Kunstgalerie Marktredwitz
Erinnerung an einen großen Mundartdichter
Als Kunstwerk des Monats Juli 2006 stellen wir das Werk des Malers und Grafikers Paul Günther (* 1922 Saaz) mit der Bezeichnung Porträt des Anton Günther, um 1997, Öl auf Leinwand, 30 x 40 cm, vor. Bei diesem Exponat handelt es sich um die Erinnerung an den aus Gottesgab bei St. Joachimsthal stammenden großen Mundartdichter Anton Günther (1876-1937). Das Exponat gehört zu der Sammlung von Heimat- und Erinnerungskunst, die im Zusammenhang mit der Schausammlung der Egerländer Kunstgalerie im Egerland-Kulturhaus präsentiert wird.
Anton Günther war der Sohn des Webers Hans Günther aus St Joachimsthal, der zunächst ab 1895 als Lithograph bei der k. u. k. Hoflithographie-Anstalt in Prag beschäftigt war. Er kehrte 1902 nach Gottesgab, wo er geboren war und sein Vater eine kleine Landwirtschaft besaß, zurück, als sein Vater verstorben war. Er führte die Landwirtschaft weiter und betätigte sich als Volkssänger. Seine Mundartlieder machten ihn zu dem bekannten Volksliedsänger und Mundartdichter aus dem Erzgebirge. Von ihm erschienen u. a. 1906 Erzgebirgisches Liederbuch, 1911 »Vergass der Haamit net«, 1919 »Dr Toler Hans Toni«. Am bekanntesten ist sein Feierabend-Lied (»sis Feieromd«), das häufig bei der Trauerfeier für einen Verstorbenen, insbesondere aus dem Egerland oder Erzgebirge, noch heute gesungen wird.
Das Bild stellt den Mundartdichter im Halbprofil nachdenklich an einem Tisch vor einem Buch sitzend dar. Die Pose mit der linken Hand an der Stirn den Kopf stützend und mit der rechten Hand einen Bleistift haltend kennzeichnet zusammen mit einem nach vorn geneigten Kopf und mit Augen, die auf das Buch fixiert sind, einen nachdenkenden Menschen. Mit den grauen, fast weißen Kopf- und Barthaaren am Schnurr- und Kinnbart und mit den ausgeprägten Augenbrauen wird angedeutet, dass es sich um einen Mann im fortgeschrittenen Alter handelt. Das weiße Hemd mit gestreifter Krawatte und die Anzugsjacke mit Weste geben den Hinweis, dass es sich um eine arrivierte Persönlichkeit handelt. Offensichtlich hat sich der Künstler mit der Persönlichkeit des Dargestellten sehr eingehend beschäftigt und war dadurch in der Lage, das ihm zur Verfügung stehende Bildmaterial phantasievoll umzusetzen. Mit dieser Darstellungsart reiht sich dieses Porträt in eine größere Anzahl von Erinnerungsbildern, die der Künstler fertigte, als ein beachtliches Werk ein.
Paul Günther kommt, bedingt durch den Beruf seines Vaters als Bahnbeamter, in früher Jugend nach Fischern bei Karlsbad und besucht dort die Volks- und Bürgerschule. Sein früh entdecktes Maltalent befähigt ihn zur Aufnahme in die staatliche Porzellanfachschule in Karlsbad. Dort vermittelt Professor A. Hegenbarth eine wichtige künstlerische Grundausbildung. Dann folgt Studium an der Kunstakademie Dresden bei Professor Sauerstein. Kriegsdienst und eine bis 1950 währende russische Kriegsgefangenschaft unterbrechen die geplante künstlerische Weiterentwicklung. Nach der Vertreibung ist Günther als Designer in der Porzellanindustrie, als Atelierleiter in einem Unternehmen für Messegestaltung und in mehreren Verlagen in der Buch- und Zeitschriftengestaltung tätig. Ab 1975 ist er freischaffender Künstler in Augburg und besticht durch seine Vielseitigkeit in der Malerei und Grafik: Landschaft, Porträts, realistischer Stil und abstrakte Malweise, Karikatur und gemalte Philosophie, Lithographien und Radierungen, Kopieren alter Meister und alpenländische Lüftl-Malerei. Paul Günther leitet in Augsburg viele Jahre lang Kurse der Volkshochschule und ist Lehrbeauftragter an der Fachhochschule. Er war über Jahrzehnte hinweg Mitglied des Arbeitskreises Egerländer Kulturschaffender e. V. und leitete jahrelang die Arbeitsgruppe Bildende Kunst.
Hans-Achaz v. Lindenfels