Knabenbildnis – Kunstwerk des Monats Juli 2002
Egerländer Kunstgalerie Marktredwitz
Kindheit in Einsamkeit
Das Gemälde Knabenbildnis, 1962, Öl auf Leinwand (139 x 68,5 cm) von Albin Sättler, gehört zu den herausragenden Exponaten in der Schausammlung der Egerländer Kunstgalerie. Zusammen mit einem Still-Leben kennzeichnet es die großartige Lebensarbeit des aus Eger stammenden Künstlers. In dem Gemälde ist es dem Künstler gelungen, seine intensive Beschäftigung mit dem, was ihn alltäglich umgibt, zu verdeutlichen.
Es wird ein Mensch im Knabenalter gezeigt, dessen kindliche Gesichtszüge in einem gewissen Kontrast zu seiner bereits sehr männlichen Kleidung stehen. Er trägt einen schlichten dunkelgrauen Mantel, eine lange dunkle Hose mit grauen Socken und dunkle Halbstiefel. Am Kragenausschnitt zeigt sich ein weißer Hemdkragen, der zusammen mit vier großen Knöpfen aus matt glänzendem Material die Kleidung etwas aufhellt. Ebenso bilden die über dem Bauch in einander gelegten bloßen Hände einen Kontrast zur dunklen Kleidung.
Der Kopf des Knaben mit frischer Hautfarbe, roten Backen, großen dunklen Augen, die seitlich zu Boden blicken, und einem geschlossenen Mund wird von glatten, korrekt geschnittenen, fast schwarzen Haaren bedeckt. Die Körperhaltung mit breit gestellten Beinen zeigt ein Selbstbewusstsein, das jedoch durch die stark hängenden Schultern eher in Verlegenheit abzugleiten droht. Dem entspricht auch die seitliche Neigung des Kopfes. Die gesamte Gestalt des Knaben hebt sich vor dem ebenfalls in Grau gehaltenen Hintergrund klar ab, bildet aber zu der grauen und eher dunklen Kleidung des Knaben keinen Kontrast.
Es entspricht der dem Künstler eigentümlichen Malweise, die sich an keinen Stil hält, dass von ihm die natürliche Gestalt und Farblichkeit respektiert wird. Im Vordergrund steht die Würde des dargestellten Menschen oder Gegenstands. Zugleich wird der Eindruck der Einsamkeit und Verlassenheit vermittelt, also einer Situation, in der sich der Künstler über längere Zeit selbst befand und aus der er heraus sich mit seinem Werk mitzuteilen suchte. So ist die Sachlichkeit und Nüchternheit zugleich der Ausdruck von Desillusion. Gerade diese Umstände führen zu dem Kontrast, der dem Bild innewohnt: Der Knabe, der Vieles eines Erwachsenen aufweist, der Knabe, der nicht kindliche Fröhlichkeit und Lebenslust ausstrahlt, der Knabe der einsam ist, der Verlassenheit erkennen lässt.
Albin Sättler ist 1927 in Eger geboren. In Graslitz macht er eine Lehre als Spitzen- und Stickereizeichner. Nach der Vertreibung 1946 lässt sich seine Familie in Hessen nieder. Dort studiert er an der Werkkunstschule Darmstadt Malerei. Anschließend setzt er sein Studium an der Kunstakademie in München fort. In den 1960iger Jahren geht er für eineinhalb Jahre nach Paris und kehrt 1967 nach München zurück, wo er als freischaffender Künstler arbeitet. Er wird Mitglied der Münchner Künstlergenossenschaft, der Darmstädter Sezession und der Esslinger Künstlergilde. 1960 hat er eine große Einzelausstellung im Modersohn-Becker-Haus in Bremen und in Darmstadt. Er beteiligt sich an Ausstellungen in Mailand, Paris und München.
Bereits 1970 erhält er den Seerosen-Preis der Stadt München. 1989 hat er eine Einzelausstellung im Kunst-Pavillion am Alten Botanischen Garten in München. 1992 erhält er den sudetendeutschen Kulturpreis für Bildende Kunst. 1993 stellt er in dem neu eingerichteten Balthasar-Neumann-Haus in Eger aus. Er stirbt 1998 an einem Krebsleiden in München. 1999 findet eine Gedächtnisausstellung in Darmstadt statt. Die Erbengemeinschaft nach Albin Sättler unterstützt den Aufbau der Egerländer Kunstgalerie Marktredwitz und stiftet 1999 das Gemälde der Egerland-Kulturhaus-Stiftung für die Egerländer Kunstgalerie. In 2000 stellt sie zusätzlich ein Gemälde als Dauer-Leihgabe für die Schausammlung der Kunstgalerie zur Verfügung.
HAvL