„Kann Spuren von Heimat enthalten“ – Sonderausstellung vom 14.06.18 bis 26.08.18

Das Ausstellungsthema macht zunächst stutzig, wird man doch ständig auf Speisekarten in Gaststätten und in Produktinformationen im Lebensmittelmarkt auf Zusatzstoffe, natürliche und naturidentische Geschmacksstoffe, Konservierungsmittel und sonstige Spuren hingewiesen. Oder schlimmer noch: „Kann Spuren von Umweltgiften oder genveränderten Eigenschaften enthalten“ verkünden beinahme täglich die Negativschlagzeilen in den Medien.

Nicht so bei dieser Ausstellung. In “Kann Spuren von Heimat enthalten“ dreht sich alles um Knödel und Nocken, Königsberger Klopse oder Karlsbader Oblaten. Die Sonderschau setzt sich mit dem Essen und Trinken, mit der Identität und der Integration der Deutschen des östlichen Europas auseinander. Sie gibt einen Einblick in Hungerjahre und Überfluss, Familienrezepte oder mitgebrachte Küchengeräte, die das Leben der Heimatvertriebenen, Flüchtlinge, Aussiedler und Spätaussiedler, darunter zahlreiche Egerländer, prägten.

Sozusagen als ideelles Gepäck, was man heute gerne als immaterielles Kulturgut bezeichnet, brachten sie nach 1945 nicht nur ihre Küchentraditionen und heimischen Rezepte, sondern auch ihr unternehmerisches Know-how mit.

Wie viel von dieser kulinarischen Vielfalt, aber auch von Produkten und Firmen, hat nach Flucht und Vertreibung den Weg ins Deutschland der Nachkriegszeit gefunden? Was wird heute bei uns gekauft, gegessen, genutzt, ohne dass über Herkunft oder ursprüngliche Produktionsstätten nachgedacht wird? Wie viel hat das jeweilige kulinarische Erbe zum Erhalt der Identität der Deutschen aus dem Baltikum, aus Ostpreußen, Pommern, Russland, Schlesien, Böhmen, Mähren, der Slowakei, Ungarn, Jugoslawien oder Rumänien beigetragen? Wie konnten mitgebrachte Küchentraditionen und neu gegründete Lebensmittelindustrien die Integration in die westdeutsche Gesellschaft erleichtern?

Die Sonderausstellung “Kann Spuren von Heimat enthalten” geht diesen Fragen nach. Sie befasst sich mit dem breiten Thema Essen und Trinken, Alltag, Identität und Integration. Es geht um die Lebenswirklichkeit der Flüchtlinge nach 1945 sowie der Aussiedler in späteren Jahren. Die Ausstellung wirft einen Blick auf die Hungerjahre in der Nachkriegszeit wie auch auf die Überflussgesellschaft, auf welche die Spätaussiedler anfangs trafen. Viele heute noch bekannte Firmengründungen der Nahrungs- und Genussmittelherstellung gehen darauf zurück. Damit haben diese Unternehmen wesentlichen Anteil am wirtschaftlichen Aufbau Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg und darüber hinaus.

Eine Ausstellungssequenz unter dem Motto “Eigener Herd ist Goldes wert” zeigt eine Küche aus den 1950er Jahren. Begehbare Supermarktabschnitte mit Produktregalen könnten mittels fotorealistischer Gestaltungen und “echten” Supermarktregalen sowie akustischer “Werbe-Berieselungen” die Besucher an die speziellen Lebensmittel in den Auslagen heranführen.

 

Aus Abfallholz selbst gebaute Wohnküche, 1950er Jahre

 

1937 gründete Ernst Müller in Karlsbad ein „Nährmittelunternehmen, das Gewürze und Fertigmischungen auf den Markt brachte. Der Zweite Weltkrieg machte dem florierenden Handel ein Ende. Ernst Müller entschloss sich zum Wiederaufbau in der neuen Heimat: Zuerst in Regemsburg, dann in einem Trümmerfeld vor der Stadt. Heute ist Neutraubling ein bedeutender Industriestandort in Bayern und das Werk „Müllers Karlsbader“ ein leistunsstarker Bestandteil.

Die Produktpalette mit Gewürz- und Fertigmischungen“ ist heute aus keinem Supermarkt mehr wegzudenken.

 

Auch in unserer Region finden sich Betriebe mit heimatvertriebenen Wurzeln. Wer hätte gedacht, dass die Bäckerei Brunner, einer der größten Bäckereibetriebe in Nordostbayern, aus dem Egerland stammt? Und wer kennt nicht das Bauernbrot des Bäckermeisters Siegfried Stähli aus Neualbenreuth, ein Betrieb, der seinen Ursprung in Falkenau hatte? Aber auch das Durchgangslager in Wiesau war Ausgangspunkt zahlreicher Geschäftsgründungen. Historische Aufnahmen erinnern an das von Jakob Gessert geführte Lebensmittelgeschäft „Volkshilfe“ in Wiesau.

 

Erstes Kolonialwarengeschäft von Jakob Gessert im Durchgangslager Wiesau, 1950er Jahre

 

Kiosk von Jakob Gessert in der Bahnhofstraße, Wiesau, 1950er Jahre

 

Siegfried Stähli (1. von rechts) mit Belegschaft in der Backstube, Neualbenreuth, 1980

 

Am Ende des Ausstellungsrundgangs findet man in der Abteilung “Osteuropäische Kochbücher und Rezepte” Ideen und Anregungen für eigene Versuche am Küchenherd.

Begleitveranstaltungen widmen sich zum einen den Nahrungsgewohnheiten vergangener Tage und zum anderen den Krisenzeiten, in denen der Mangel an Nahrungsmitteln die Menschen zu außergewöhnlichen Notrezepten bewegte. Dabei soll unter anderem die energiesparende Kochkiste zum Einsatz kommen.
Außerdem werden zusätzlich Kochkurse angeboten in denen nach Originalrezepten aus der alten Heimat gekocht und gebacken wird.

Terminplanung
28. Juni 2018, Beginn 18 Uhr – entfällt!
05. Juli 2018, Beginn 18 Uhr
Ort: Mittelschule Marktredwitz
Anmeldung beim Egerland-Museum 09231-3907 erforderlich.

 

Die Ausstellung “Kann Spuren von Heimat enthalten” wurde vom Haus des Deutschen Ostens in München konzipiert. Sie wird im Egerland-Museum vom 14. Juni bis 26. August 2018 in neuem „Outfit“ und mit erweiterten Inszenierungen zu sehen sein.

Verlängert bis zum 4. November 2018

Flyer zum Herunterladen

 

 

 

 

 

 

 

Öffnungszeiten:
Dienstag bis Sonntag, von 14:00 bis 17:00 Uhr
Andere Öffnungszeiten für Gruppen sind nach telefonischer Anmeldung möglich.

Kontakt:

Egerland-Museum, Fikentscherstr. 24, 95615 Marktredwitz
Tel. 09231 / 3907

info@egerlandmuseum.de
www.egerlandmuseum.de