Grenzüberschreitender Workshop “Federbilder” zum Europatag

Museumspädagogisches Projekt im Egerland-Museum

Grenzüberschreitender Workshop am Europatag 2004

Federbilder

Nach in der Vergangenheit bereits erfolgreich verlaufenen grenzüberschreitenden Schüleraktionen besuchten am Europatag, dem 5. Mai, anlässlich des tschechischen EU-Beitritts zwei Schulklassen mit jeweils zwanzig tschechischen und zwanzig deutschen Schülern und Schülerinnen aus Eger und Marktredwitz das Egerland-Museum. Unter Leitung und Koordination von Museumsleiter  Volker Dittmar M.A. und Mitarbeiterin Susanne Kießling M.A.  trafen sich Schüler und Lehrer beider Seiten zu einem gemeinsamen Workshop. Zu Gast war die 6. Klasse der Marktredwitzer Alexander-von-Humboldt-Hauptschule mit Fachlehrerin Frau Hildegard Mühlhöfer, sowie Schüler der 6., 7. und 8. Jahrgangsstufen der 2. Elementarschule Eger bzw. Cheb mit den beiden Lehrerinnen Frau Milada Kreidl, die als versierte Übersetzerin fungierte und Frau Iveta Macková.

Unter praktischer Anleitung von Frau Heidi Klein sollten Schüler und Schülerinnen einen Vormittag lang die Herstellung von „Egerer Federbildern“ erproben.

Frau Klein, die unter anderem den Bastelkreis der evangelischen Kirchengemeinde leitet, erwies sich als geschickte und routinierte „Lehrerin“ im Umgang mit den erforderlichen Materialien. Federbilder, natürliche oder bunte Vogelbilder aus echten Federn, kennt man auch aus anderen Regionen der Erde. So gibt es beispielsweise in Mexiko, Japan oder Indien Vogelbilder. Ob und inwieweit sich diese Formen künstlerischer Gestaltung gegenseitig beeinflusst oder befruchtet haben, ist nicht geklärt.

Im frühen 19. Jahrhundert jedenfalls waren die Federbilder sehr beliebt und trafen genau den modischen Zeitgeschmack. Die meist kleinformatigen Bilder wurden in der Stadt Eger im Nebenerwerb hergestellt und vor allem in den böhmischen Kurbädern Karlsbad, Marienbad und Franzensbad als Souvenirs und Andenken verkauft. Ihre Blütezeit war das Biedermeier, also etwa die Zeit zwischen 1820 und 1850. Als „Erfinder“ der Federbilder gilt der Dominikanerpater Hieronymus Trötscher (1742– 1808), der sich wohl aus Liebhaberei mit der künstlerischen Abbildung von Vögeln beschäftigte. Die Egerer Malerzunft griff die Federbild-Herstellung dankbar auf, bot sie doch eine zusätzliche Verdienstmöglichkeit. Die Egerer Maler gestalteten dabei in erster Linie Vorder- und Hintergrund mit der natürlichen Lebensumgebung des abgebildeten Vogels, dem sog. „Milieu“.

In Arbeitsteilung wurden Wandbilder, Gruß- und Erinnerungskarten, sowie  Andachtsbildchen hergestellt, die manchmal zusätzlich mit fein ausgeschlagenen Eichen- oder Buchenblättern dekoriert waren. Diese „skelettierten“ Blätter wurden zunächst getrocknet und dann mit einer Bürste so lange „abgeschlagen“, bis nur noch das feine Gerippe des Blattes übrig war. Die Blätter wirkten dadurch sehr filigran und waren als Untergrund für kleine Vogelbildchen oder Kärtchen gut geeignet.

Nach kurzer Begrüßung durch Museumsleiter Volker Dittmar, konnten sich deutsche und tschechische Schüler im Museum die historischen Original-Federbilder ansehen. Mitarbeiterin Susanne Kießling gab einen Überblick zu Herkunft, Tradition, Herstellungsart und Vertrieb der historischen Vorlagen. Alle Schüler und Lehrer versammelten sich danach im großen Saal des Kulturhauses, um mit Frau Heidi Klein an die praktische Umsetzung der „modernen“ Federbilder zu gehen. Frau Klein erläuterte die einzelnen Arbeitsschritte und war bei der Gestaltung behilflich.

Zunächst musste die Schablone eines Vogels angefertigt werden. Diese wurde anschließend mit vorher ausgesuchten Federn von unten nach oben in Schichten übereinander, möglichst exakt beklebt. Überstehende Enden oder Fransen wurden fein säuberlich umgebogen und abgetrennt. Als Augen dienten kleine farbige Perlen. Nun konnte der Vogel ausgeschnitten und auf einen schönen Bogen Tonpapier übertragen werden. Im nächsten Arbeitsgang folgte die Ausgestaltung und Verzierung des Hintergrundes mit Hilfe kleiner Hölzchen, getrockneter Blätter und Blüten, oder nach Wunsch, einer farbig ausgemalten Umgebung. Nach einer kleinen Pause folgte die Preisverleihung für zehn besonders gut gelungene Werke, bei der Volker Dittmar und Heidi Klein die Jury bildeten. Weil ausnahmslos alle Jugendlichen tolle Arbeiten abgegeben haben, sind die Bilder im Foyer des Egerland-Museums ausgestellt und können dort begutachtet werden.

Abschließend kann wohl gesagt werden, dass dieser Vormittag allen Mitwirkenden Spaß gemacht hat. Jugendliche von beiden Seiten der Grenze haben ihre Freundschaften vertiefen können, die Egerer Kunstfertigkeit der Federbild-Herstellung wurde ins Gedächtnis gerufen und zugleich „wiederbelebt“. Eigene Kreativität konnte erfolgreich mit historischen Vorlagen verknüpft werden.

Das Museumsteam bedankt sich noch einmal ganz herzlich bei allen Mitwirkenden für das Gelingen der Aktion!

Am 13. Mai kann das Museum erfreulicherweise schon die nächste tschechische Gruppe, diesmal aus Pilsen, bei sich begrüßen. Und auch am 19. Mai hat sich eine deutsch-tschechische Jugendgruppe des Gymnasiums Pegnitz im Hause angemeldet!

Der Workshop „Federbilder nach Egerer Tradition“ wird zusätzlich am Nachmittag für Erwachsene stattfinden. Die genauen Termine können der Tagespresse entnommen werden.

Bei Anfragen an das Museum wenden Sie sich bitte an folgende Anschrift:

Kontakt:
Egerland-Museum
Fikentscherstraße 24
95615 Marktredwitz
Tel. 09231 / 3907
Fax. 09231 / 5264
E-Mail: info@egerlandmuseum.de

Öffnungszeiten:
Dienstag bis Sonntag, 14.00 bis 17.00 Uhr
Montags geschlossen