Egerer Lirlkrug
“Geborgen und verborgen” – Juni 2008
Die lange Reise eines Zinnkruges
Seit einiger Zeit befindet sich in der Sammlung des Egerland-Museums ein Zinnkrug, ein sogenannter „Lirlkrug“. Inventarisiert und aufgenommen in den Bestand des Museums, steht er unauffällig neben den anderen Zinnkrügen. Könnte er aber sprechen, würde er uns die Geschichte seiner langen Reise erzählen – einer Reise von Brasilien nach Marktredwitz.
Ein Egerländer, den es beruflich nach Brasilien verschlagen hatte, entdeckte beim Besuch des Zinn-Museums der Firma Somers in São João del Rey, Minas Gerais einen Egerländer Zinnkrug, beschrieben als „Egerer Lirlkrug“.
Lirlkrüge stellen eine Egerer Besonderheit dar. Sie kamen im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts und Anfang des 19. Jahrhunderts in Eger auf und befanden sich 1945 noch in vielen Egerländer Haushalten. Das birnenförmige Gefäß mit einem geraden, verschließbaren Röhrenausguss und verschraubbaren Deckel mit Tragegriff war als Transportkanne sehr gut geeignet und beliebt.
Im Boden des entdeckten Kruges war die Jahreszahl 1841 und, der Name des Zinngießermeisters „Johann Becker“ eingeschlagen. Überrascht von diesem heimatlichen Fund, wollte er den Zinnkrug als Erinnerung an seine alte Egerländer Heimat erwerben. Da der Krug aber unverkäuflich war, fasste er den Entschluss eine Kopie dieses Kruges in einer sehr teuren Einzelanfertigung herstellen zu lassen. Mit dem Egerer Lirlkrug in seinem Reisegepäck kehrte er schließlich nach Deutschland zurück. Jahre später schenkte er ihn dem Egerland-Museum.
Aber warum war es dem heimatvertriebenen Egerländer – trotz der hohen Kosten – so wichtig, einen Egerer Lirlkrug zu besitzen? Es gibt viele Strategien, mit denen man versucht den Heimatverlust zu verarbeiten. Der Besuch von Heimattreffen, die künstlerische Umsetzung des Erlebten, die Reise in die Heimat oder die heimatliche Ausgestaltung der neuen Umgebung, wie bei unserem nachgebildeten Zinnkrug.
Wie übrigens der Egerer Lirlkrug nach Brasilien gelangt ist, konnte der Zinngießer Herr Somer in São João del Rey, Minas Gerais nicht erklären.