Der SPRUDEL macht den STEIN – Schätze aus Karlsbad

Ein großes Museumsprojekt im Egerland-Museum Marktredwitz

Der SPRUDEL macht den STEIN – Schätze aus Karlsbad

Sprudelstein – Ein Phänomen in Karlsbad

Souvenirgegenstände mit Mosaikintarsien aus Sprudelstein wurden im 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zum „Markenzeichen“ der Kurstadt Karlsbad. Lange Zeit bot diese „Marktnische“ einschlägigen Kunsthandwerkern wie Sprudelsteinschleifern, Tischlern oder Gürtlern ein gutes Auskommen. Heute ist der Begriff „Sprudelstein“ weitgehend unbekannt. Das Karlsbader Thermalwasser besitzt einen hohen Gehalt an Kalk und Mineralien. Nur ein Teil davon bleibt beim Austritt des Wassers in Lösung, ein anderer setzt sich als steinharte Sinterschicht (Kalziumkarbonat) ab. Die Mineralien, überwiegend Eisenverbindungen, sind für die typische bräunliche bis tief kastanienbraune Färbung verantwortlich. Mitunter findet man sogar bläuliche bis ins Violette gehende Nuancen. Im Laufe von Jahrtausenden bildeten sich meterdicke Vorkommen. Früher förderte man diese Gesteine in Karlsbad bei Fundamentarbeiten zu Tage.


Kassette mit Sprudelstein-Mosaik-Besatz um 1900

Sammlung Egerland-Museum

Die Vermarktung

Bereits im 18. Jahrhundert erwachte die Faszination am „Phänomen Sprudelstein“. In angeschliffenem Zustand wurde die Schönheit der marmorartigen Struktur sichtbar. Goethe selbst förderte den Verkauf von Sprudelsteinsammlungen aus Karlsbad.


Sprudelstein Sammlung von Göthe aus dem Jahr 1832

Um 1830 sind erstmals Souvenirs mit Mosaikarbeiten aus dünnen Sprudelsteinplättchen erwähnt. Durch das internationale Kurpublikum gelangten diese Erinnerungsstücke in alle Welt. Ebenso verstreut tauchen heute diese Objekte in Museen und Sammlungen auf. Ein Reiseführer für Damen aus dem Jahr 1831 beschreibt die Bandbreite der käuflichen Souvenirgegenstände, die mit Mosaiken aus Sprudelstein verziert waren oder die aus ganzen Sprudelsteinstücken geschnitten wurden:

„Wie verschiedene und wie elegante Sachen werden von dem Karlsbader Sprudelstein gefertigt! Von geschnittenen und geschliffenen Sprudelsteinen fanden wir Kaffeebretter, Aufsätze, Schreibzeuge, Urnen, Leuchter, Tabakdosen, Salzfäßchen, Nähpolster, Nachtlampen, Schlüsselhaken, Uhrhaken, Uhrschlüssel, Petschierstöckchen, Messerchen, Scheren, Kreuze, Hals- und Armbänder, Schnallen, Ringe, Ohrringe, u.d.g. in Bronze, Stahl, und Silber gefaßt. Endlich von rohen Sprudelsteinen Schmuckkästchen, Tabak-, Tee- und Zuckerdosen, Briefbeschwerer mit den seltensten Sprudelsteinen, Erbsensteinen und Muscheln mosaikartig verziert. Alle diese Waren eignen sich besonders zu Andenken von Karlsbad, ohne welche kein Kurgast abreist.“

Eine weitere Möglichkeit, den Sprudelstein für die Andenkenindustrie zu nutzen, bot die Versinterung. Dazu setzte man Gegenstände dem Sprudelwasserdampf aus. Das war in einem bedampften Raum unter der Sprudelfontäne möglich. Nach einigen Tagen oder Wochen überzog eine feinkörnige Sinterschicht den Gegenstand. Auf diese Weise „versteinerte“ man Vasen, Schalen, Figuren aus Ton oder Porzellan, aber auch Pflanzen wie Rosen und ganze Hochzeitssträuß


Sinterwaren in der Sonderausstellung

Die Herstellung der sogenannten „Sprudelsteinwaren“ endete kurz vor dem Zweiten Weltkrieg. Heute gehören Sprudelsteinschleifer, die diese qualitätvollen Mosaikarbeiten anfertigten, zu den ausgestorbenen Handwerksberufen.

Forschungsprojekt und Ausstellung

Das Thema “Karlsbader Sprudelstein” weist eine große Bandbreite auf: Vom Baumaterial bis zum Schmuckstück. Es bestand jedoch ein großes Forschungsdefizit, zumal bisher darüber keine umfassende wissenschaftliche Publikation erschienen war. So mußten große Anstrengungen, wissenschaftliche Untersuchungen bzw. Materialanalysen vorgenommen werden, um beispielsweise die einzelnen Arbeitsschritte und verwendeten Materialien rekonstruieren zu können. Nicht zuletzt weil dieses Themengebiet in der Dauerausstellung des Egerland-Museums Marktredwitz als Abteilung und somit als ein Schwerpunktthema vertreten ist, wurde es wissenschaftlich aufgearbeitet und die Ergebnisse in einem umfangreichen Katalog veröffentlicht. Diesem Ziel folgend hatte sich seit September 2002 eine Projektgruppe aus unterschiedlichen Fachrichtungen zusammengefunden (Volkskundler, Kunstgeschichtler, Geologen, Privatforscher und Sammler). Dabei übernahm das Egerland-Museum Marktredwitz die Gesamtkoordination. Die Hauptpartner sind das Kreismuseum Karlsbad sowie die TU München mit dem Lehrstuhl für Ingenieur-Geologie und dem Lehrstuhl für Restaurierung, Kunsttechnologie und Konservierungswissenschaft. Weitere private Sammler und Spezialisten sind ebenfalls mit Leihgaben und Katalogbeiträgen eingebunden. Mehr als 700 Objekte, die aus             Sprudelstein bestehen oder die mit Mosaiken aus Sprudelstein verziert sind, wurden fotografiert und katalogisiert . Eine Vielzahl davon stammt von der Sammlerin Christa Zechner aus Linz.

Das Projekt mit seinen Forschungsaufgaben und den daraus resultierenden Ergebnissen wird seit dem 23.Oktober in einer zweisprachigen Ausstellung mit Begleitkatalog (deutsch/tschechisch) im Egerland-Museum präsentiert. Ein museumspädagogisches Programm wird die Ausstellung begleiten.

Die Ausstellung „Der SPRUDEL macht den STEIN – Schätze aus Karlsbad“ ist seit 23. Oktober 2004 bis 01. Mai 2005 im Egerland-Museum Marktredwitz zu sehen. Anschließend wandert sie in das Kreismuseum Karlsbad.


Ladeninszenierung mit Sprudelsteinauslage


Blick in die Sonderausstellung


Abteilung Geologie und Mineralogie

Ermöglicht wurde dieses grenzüberschreitende Projekt durch Bezuschussungen aus verschiedenen Förderprogrammen, insbesondere durch EU-Mittel aus Interreg IIIa.

Zweifelsohne wird dadurch die grenzüberschreitende fachliche Zusammenarbeit mit dem Nachbarland Tschechische Republik weiter ausgebaut. Das Egerland-Museum Marktredwitz wird damit zur Plattform für den Austausch zwischen bayerischen und tschechischen Wissenschaftlern, Museen und Schulen. Es ist zu erwarten, dass das Thema „Karlsbader Sprudelstein“, welches jetzt in einer ansprechenden Ausstellung umgesetzt wurde, zahlreiche Besucher auch aus dem weiteren Umland anzieht.

Volker Dittmar M.A.

Museumsleiter des Egerland-Museums